Zulieferer melden sich zurück – Marge und Umsatz steigen

München, Juli 2024

Zulieferer melden sich zurück – Marge und Umsatz steigen

München, Juni 2024
A

uch im Jahr 2023 konnten die weltweit 100 größten Zulieferer ihren Umsatz steigern. Gesunkene Rohstoff- und Energiekosten trugen zudem zu einer Entspannung bei der im Vorjahr unter Druck geratenen Marge bei.

Die größten Gewinner des vergangenen Jahres kamen erneut aus Asien. Bei den Warengruppen hatten abermals Batterie- und Halbleiterhersteller, trotz rückläufigen Umsatzwachstums, die höchsten Wachstumsraten bei Umsatz und Marge.

Die Automobilindustrie erlebte im Jahr 2023 eine Erholung entlang der gesamten Lieferkette. Sowohl die OEMs als auch die Zulieferer konnten ihre Umsätze und Margen steigern. Nachdem der Umsatz der Zulieferer im Jahr 2022 erstmals die Marke von einer Billion Euro überschritt, konnten die Zulieferer 2023 ihren Umsatz um 6,9% steigern und mit 1.135 Milliarden Euro erneuten einen Spitzenwert erzielen. Die zehn größten Automobilhersteller übertrafen mit einem Umsatzanstieg von 8,1% auf 1.770 Milliarden Euro sogar das Wachstum der Zulieferer. Die OEMs profitierten dabei vor allem von einer gestiegenen Nachfrage in Nordamerika und Europa, die entgegen vielen Prognosen vor allem auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren entfiel.

Bei der Marge konnten die Zulieferer, auch dank einer Entspannung der Rohstoff- und Energiekrise, das größere Wachstum verbuchen. Die umsatzgewichtete Marge der TOP 100 stieg um 0,7 Prozentpunkte auf 5,9%, die TOP 10 OEMs konnten im vergangenen Jahr die umsatzgewichtete Marge um 0,6 Prozentpunkte auf 8,5% verbessern. Damit beendeten die Zulieferer eine dreijährige Periode, in der sich ihre Margen im Vergleich zu den OEMs Jahr für Jahr weiter auseinanderentwickelten. Vor allem die Zulieferer aus Asien konnten 2023 mit hohen Wachstumsraten bei Umsatz und Marge glänzen. Vier der fünf Wachstumschampions, sowohl beim relativen Umsatzwachstum als auch beim Anstieg der Marge, kommen aus Asien.

Im Jahresrückblick haben damit vor allem drei Themen die Entwicklung der Automobilindustrie beeinflusst: erstens das Absatzplus der OEMs, insbesondere bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor; an zweiter Stelle der Rückgang der Erzeugerpreise, der zu einer Erholung der Margen führte; und drittens die erneut starke Performance asiatischer Zulieferer im Vergleich zu ihren Konkurrenten aus Europa und Nordamerika. Vor allem die südkoreanischen Batteriehersteller konnten mit einem hohen Umsatzwachstum herausstechen, während sich die im Vorjahr noch so stark gewachsenen Halbleiterproduzenten in puncto Wachstum den anderen Warengruppen annäherten.

UMSATZ UND MARGE DER TOP 100 ZULIEFERER UND TOP 10 OEMs 2017–2023 (IN MRD. EUR UND % DES UMSATZES)

¹ VW, Toyota, Mercedes-Benz, Ford, GM, Stellantis, Honda, BMW Group, Saic, Hyundai                             
Quelle: Berylls by AlixPartners

Umsatz steigt – dank zunehmendem Fahrzeugabsatz

Dass die Zulieferer und Automobilhersteller im Jahr 2023 ihren Umsatz steigern konnten, lag maßgeblich an dem weltweit um 12% gestiegenen Fahrzeugabsatz. Dabei sorgte bei den TOP 10 OEMs vor allem die gestiegene Nachfrage nach Verbrennermodellen für ein großes Umsatzplus von 85,6 Milliarden Euro. Elektro- und Hybridmodelle zeichneten sich zwar durch hohe Wachstumsraten von 30% bzw. 54% bei den weltweiten Fahrzeugzulassungen aus, doch aufgrund der weiterhin vergleichsweisen geringen Volumina trugen sie absolut gesehen nur zu einem Umsatzplus von 17,7 Milliarden Euro beziehungsweise 29,6 Milliarden Euro bei den TOP10 OEMs bei. Zu den Profiteuren gehören Zulieferer, die einen hohen Anteil an Bauteilen für Verbrennerfahrzeuge im Portfolio haben. Sie verzeichneten 2023 ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum von 9,6% und lagen damit 2,7 Prozentpunkte über dem Wachstum von 6,9% der größten 100 Zulieferer. Auch bei der Marge konnten die Zulieferer mit Fokus auf den Verbrenner einen höheren Anstieg verzeichnen als der Durchschnitt. Stieg die Marge der TOP 100 um durchschnittlich 0,7 Prozentpunkte, lag der Anstieg bei den Unternehmen mit hohem Verbrenneranteil im Produktportfolio bei 1,1 Prozentpunkten. Des Weiteren profitierten 2023 Unternehmen, die Teile für Nutzfahrzeuge herstellten. Mit 16% in Europa und 14% in den USA lag die Wachstumsrate bei den neuzugelassenen Nutzfahrzeugen jeweils 2% über der von neuzugelassenen PKW. In China stieg der Absatz von Nutzfahrzeugen sogar um 22% und übertraf damit die Wachstumsrate der PKW mit 11% deutlich. Der größte Profiteur: Weichai Power, ein chinesischer Spezialist für Verbrennungsmotoren und Nutzfahrzeuge, der 2023 seinen Umsatz um 38,5% und seine Marge um 5,8 Prozentpunkte steigern konnte. Ebenfalls profitierte Nutzfahrzeugzulieferer Knorr-Bremse von diesem Wachstum und konnte infolgedessen seinen Umsatz um 11,5% und die Marge um einen Prozentpunkt steigern.

UMSATZENTWICKLUNG DER TOP 10 OEMs NACH ANTRIEBSART UND REGIONEN (IN MRD. EUR)

Quelle: Berylls by AlixPartners

Marge steigt – dank gesunkener Erzeugerpreise

Neben dem Umsatzwachstum durch die gestiegene Nachfrage hatten auch die gesunkenen Erzeugerpreise und der damit verbundene Anstieg der Marge einen positiven Effekt auf die finanzielle Situation der Hersteller und Zulieferer. Der Margendruck nahm in den vergangenen Jahren durch geopolitische Konflikte wie den Krieg in der Ukraine sowie durch Covid-19 und den Halbleitermangel kontinuierlich zu. Als Folge stiegen Rohstoff- und Energiepreise stark an, während Margen sanken. Vor allem der Standort Deutschland litt im vergangenen Jahr darunter, was zahlreiche Restrukturierungen und Werksschließungen nach sich zog. Mit Bosch kündigte auch der weltweit größte Automobilzulieferer einen Stellenabbau in Deutschland an. Dass der Rückgang der Erzeugerpreise das Ende dieser Sparprogramme einläutet, bleibt dennoch unwahrscheinlich. Zwar sanken die Erzeugerpreise in Deutschland 2023 um –2,4%, maßgeblich verursacht durch um 50% gesunkene Energiekosten, aber im internationalen Vergleich bleibt das Kostenniveau in Deutschland weiterhin hoch. Denn mit –2,7% in den USA und –6,8% in China sanken die Erzeugerpreise in den beiden Ländern nicht nur stärker, sondern waren im Jahr 2022 mit einem Anstieg von 16,3% in den USA und 4,1% in China bereits weniger stark gewachsen als in Deutschland, in dem die Erzeugerpreise im Jahr 2022 um 32,9% zunahmen.

ENTWICKLUNG DER ERZEUGERPREISE IM VERGLEICH ZUM VORJAHR
(IN %)

Quelle: Berylls by AlixPartners

Rennen der Nationen – China auf der Überholspur

Obige Kostenvorteile sind auch ein Grund, warum chinesische Zulieferer zunehmend häufiger im TOP 100 Ranking vertreten sind. Während 2012 Weichai Power der einzige chinesische Zulieferer im Ranking war, waren 2022 bereits acht chinesische Unternehmen unter den 100 weltweit größten Zulieferern vertreten. Vor allem CATL geriet ins Rampenlicht – 2018 zum ersten Mal unter den 100 größten Zulieferern, kletterte der Batteriehersteller innerhalb von fünf Jahren sogar in die Riege der zehn größten Zulieferer. Im Jahr 2023 hat mit dem Reifenhersteller Sailun erneut ein chinesisches Unternehmen den Sprung in die TOP 100 geschafft.

Ein Ende des rasanten Anstiegs chinesischer Zulieferer in den TOP 100 ist auch weiterhin nicht in Sicht. Laut Berylls-Analyse könnten bis 2030 acht zusätzliche chinesische Lieferanten im TOP 100 Ranking vertreten sein und mit CATL würde auch der größte Zulieferer der Welt 2030 aus China kommen, statt wie aktuell mit Bosch aus Deutschland. Damit hätte China mit 17 Zulieferern im Jahr 2030 Deutschland vom zweiten Platz hinter Japan verdrängt. Aus Deutschland, das aktuell von 17 Unternehmen in den TOP 100 repräsentiert wird, würden 2030 hingegen nur noch 13 Zulieferer kommen. Japan, aktuell mit 23 Unternehmen vertreten, wird weiterhin seine Position an der Spitze der Länder mit den meisten Zulieferern innerhalb der TOP 100 behalten und würde mit voraussichtlich 26 Unternehmen im Jahr 2030 seinen Vorsprung weiter ausbauen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass es sich bei diesen chinesischen Zulieferern nicht nur um Batterie- oder Halbleiterhersteller handelt. Ganz im Gegenteil: chinesische Unternehmen gewinnen in altbekannten Warengruppen wie Sitze, Reifen, Beleuchtung oder Bremsen zunehmend Marktanteile. Beispielsweise konnte die chinesische NBHX Group, ein Spezialist für Fahrzeuginnenräume, den Umsatz 2023 um 17,9% auf 3 Milliarden Euro steigern und verpasste so den Einzug in die TOP 100 nur knapp. Auch der chinesische Karosserie- und Interieurzulieferer TUOPU ist mit einem Umsatz von 2,6 Milliarden Euro und einer Wachstumsrate von 23,2% im vergangenen Jahr ein heißer Anwärter auf einen Platz im Ranking der 100 größten Zulieferer. Das starke Wachstum chinesischer Zulieferer ist dabei nur bedingt durch das Aufstreben der chinesischen OEMs verursacht. Vielmehr waren chinesische Zulieferer in der Lage, Marktanteile von der Konkurrenz aus Europa und den USA zu übernehmen. Denn während das Umsatzwachstum in Euro bemessen für die fünf größten chinesischen OEMs im Jahr 2023 seit 2018 nur bei 39% liegt, konnten die fünf größten chinesischen Zulieferer im selben Zeitraum den Umsatz in Euro um 121% steigern.

Dass die Zulieferer aus Europa und den USA nicht zu den großen Gewinnern 2023 zählten, ist ein alarmierendes Signal, wenn man einen Blick auf das regionale Wachstum der OEMs wirft. Denn in Europa und den USA konnten die zehn größten OEMs mit 15,5% und 12,7% zweistellige Wachstumsraten verzeichnen, während in Asien das Umsatzwachstum mit 3,8% deutlich schwächer ausfiel. Für die Zulieferer aus Deutschland gibt es dennoch eine positive Nachricht: Seit 2017 sank der Umsatzanteil der deutschen Zulieferer im TOP 100 Ranking kontinuierlich, ein Trend der 2023 gestoppt werden konnte. Wie auch 2022 belief sich der Anteil Deutschlands am Gesamtumsatz auf 20,6%. An dieser Stelle müssen allerdings auch die Wechselkurseffekte zu Gunsten des Euro im vergangenen Jahr berücksichtigt werden. Denn im Vergleich zu 2022 verlor der chinesische Yuan durchschnittlich um 7,6%, der japanische Yen 9,2% und der koreanische Won 3,8%. Umso beeindruckender, dass Japan, dessen Umsatzanteil von 2018 bis 2022 von 27,7% auf 21,8% sank, auch in der Lage war seinen Umsatzanteil in 2023 zu stabilisieren. Für die chinesischen Zulieferer hatten die Wechselkurseffekte sogar einen, wenn auch leichten, Rückgang des Marktanteils zur Folge: Statt wie 9,3% in 2022, konnten die Zulieferer aus dem Reich der Mitte in 2023 nur 9,1% zum Umsatz der TOP 100 beitragen. Der Gewinner im Rennen der Nation war auch dieses Jahr Südkorea, dass seinen Umsatzanteil, vor allem dank der Batteriehersteller, von 8,8% auf 9,8% steigern konnte.

AUFSTIEG CHINAS INNERHALB DER TOP 100

¹ Umsatzanteil 2030 basiert auf dem bereinigten CAGR von 2019–2023 für die Zulieferer aus dem TOP 100 Ranking und mögliche chinesische Neuzugänge; CAGR angepasst gemäß Berylls Annahmen für Batteriewachstum, Einmaleffekte und Gewichtung der jährlichen Wachstumsraten zwischen 2019 und 2030.

Quelle: Berylls by AlixPartners

China und Korea werden zur Autonation

Der Aufstieg chinesischer Zulieferer ist dabei mehr als nur eine Begleiterscheinung des Wirtschaftswachstums in China. Denn während das nominale BIP Chinas in Euro bemessen seit 2018 um 36% angestiegen ist, nahm der Umsatz der im Ranking vertretenen Zulieferer um 144% zu. Dabei profitierte China auch durch den Zugewinn von drei neuen Unternehmen, die es seit 2018 in das Ranking geschafft haben: die Reifenhersteller ZC Rubber und Sailun sowie der Glashersteller Fuyao. Noch deutlicher fällt der Unterschied in Südkorea aus. Mit einem Umsatzzuwachs von 145% kann Südkorea das Wachstum chinesischer Zulieferer sogar noch übertreffen, und das bei einem nominalem BIP-Wachstum von lediglich 5%. Auch hier konnten Neueinsteiger, die mehrheitlich neue Technologien für die Automobilindustrie produzieren, zum Umsatzwachstum beitragen. Mit SK on, Samsung SDI und LG Energy Solution sind drei der koreanischen Neueinsteiger Batteriehersteller. Dass neue Technologien in der Automobilindustrie in den vergangenen Jahren hohes Wachstum erfuhren, zeigt sich auch eindrucksvoll am Beispiel der Niederlande. Wie schon 2018 ist NXP Semiconductors auch 2023 der einzige niederländische Vertreter im Ranking der 100 größten Zulieferer. Dank der hohen Nachfrage nach Halbleitern in den vergangenen Jahren betrug das Umsatzwachstum des Halbleiterherstellers von 2018 bis 2023 101% und übertrifft damit das nominale BIP-Wachstum von 27% deutlich. Von den etablierten Zulieferernationen – Japan, Deutschland und die USA – konnten lediglich japanische Unternehmen in den TOP 100 stärker wachsen als das nominale BIP, und das, obwohl im Jahr 2023 fünf japanische Unternehmen im TOP 100 Ranking weniger vertreten waren als noch 2018. Doch die verbliebenen Unternehmen waren in der Lage, im Jahr 2023 den gleichen Umsatz zu erwirtschaften wie alle 28 Unternehmen zusammen noch im Jahr 2018. Damit liegt Japan trotz einer Umsatzstagnation über dem nominalen BIP-Wachstum, das seit 2018 um –11% zurückgegangen ist.

ENTWICKLUNG UMSATZ DER TOP 100 UND NOMINALES BRUTTOINLANDSPRODUKT (BIP)
(WACHSTUM ZULIEFERERUMSATZ UND NOMINALES BIP 2018–2023, IN % KUMULIERT)

Quelle: Berylls by AlixPartners, World Bank

Batterie- und Halbleiterproduzenten erneut stark – Reifengeschäft schwach

Auch 2023 gehörten Batteriehersteller wieder zu den Unternehmen mit dem höchsten Umsatzwachstum, und dies trotz eines Einbruchs der Wachstumsrate um 40,8 Prozentpunkte. Denn während 2022 das Umsatzwachstum der Batteriehersteller noch bei 64,5% lag, waren es im vergangenen Jahr nur 23,7%. Vor allem Platzhirsch CATL konnte nicht an die Wachstumsrate aus dem Vorjahr anknüpfen und 2023 den Umsatz in Euro bemessen nur um 11,4% steigern, während 2022 das Umsatzplus noch bei 84,5% lag. Für die koreanischen Batterielieferanten lief es dagegen deutlich besser: Mit einem Umsatzwachstum von 62,8% verzeichnete SK on das größte Wachstum aller Zulieferer in den TOP 100, gefolgt von LG Energy Solution mit 40,1%. Auch Samsung SDI, der Letzte der drei koreanischen Batteriehersteller im Ranking, konnte sich mit 34,6% einen Platz unter den fünf Wachstumschampions sichern.

Es scheint jedoch, dass sich die Zeiten des rapiden Wachstums vorerst dem Ende neigen. Im vierten Quartal hatten die im Ranking vertretenen Batteriehersteller alle mit einer schwachen Nachfrage zu kämpfen. So musste CATL im letzten Quartal einen Umsatzrückgang von 10,6% gegenüber dem Vorjahreszeitraum verzeichnen. Aber auch alle anderen Batteriehersteller, die es in die diesjährigen TOP 100 geschafft haben, erlebten im letzten Quartal 2023 einen Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für die Batteriehersteller ist die sinkende Wachstumsrate ein Alarmsignal, denn getrieben durch hohe Fördersummen haben die Hersteller in den vergangenen Jahren ihre Kapazitäten so stark erweitert, dass die weltweite Nachfrage 2023 zu 268% gedeckt war und die Werke der Batteriehersteller theoretisch nur zu 37% ausgelastet waren. Die Folge der Überkapazitäten ist ein Preiskampf der Hersteller, der sich bereits auf die Margen auswirkt. Beispielsweise sank die Marge von LG Energy Solutions von 6% im dritten Quartal 2023 auf 0% im vierten Quartal 2023 und ist damit gefährlich nahe an der Verlustzone. Und auch für die kommenden Jahre ist zu erwarten, dass die Margen der Batteriehersteller weiter unter Druck stehen, denn trotz der bestehenden Überkapazitäten werden weiterhin hohe Subventionen für den Aufbau von Batterieproduktionen geleistet. Es ist daher damit zu rechnen, dass erst 2040 der Bedarf so zu den Kapazitäten aufgeschlossen hat, dass die Hersteller ihre Zielauslastung von 80% zumindest annähernd erreichen.     

PROGNOSE REGIONALE BATTERIENACHFRAGE UND PRODUKTIONSKAPAZITÄT(IN GWH)

Annahmen: 80% der Gesamtkapazität wird für EV genutzt; CAGR-Produktionskapazität 8% ab 2030, basierend auf Wachstum 2027–2030

Quelle: Berylls by AlixPartners

Neben den Batterieherstellern sahen auch die Halbleiterhersteller erneut überdurchschnittliches Umsatzwachstum. ST Micro, Onsemi und Infineon verzeichneten allesamt über 15% Wachstum. Zusätzlich konnten die Halbleiterhersteller ihre umsatzgewichtete Marge um 3,6 Prozentpunkte auf 31% steigern. Damit verzeichneten die Halbleiterhersteller auch dieses Jahr den höchsten absoluten Margenzuwachs, und dies, obwohl ihre umsatzgewichtete Marge bereits im Jahr 2022 mit 27,4% deutlich über dem Durchschnitt der TOP 100 mit 5,2% lag. Das Durchschnittswachstum der Halbleiterhersteller im TOP 100 Ranking sank allerdings deutlich von 48,7% im Jahr 2022 auf 13% im Jahr 2023. Dieser Wachstumsrückgang ist auf drei wesentliche Gründe zurückzuführen.

Erstens haben die Automobilhersteller aus Angst vor weiteren Engpässen bereits 2022 ein hohes Inventar an Chips aufgebaut und so die Nachfrage im Jahr 2022 deutlich angekurbelt. Zweitens haben auch andere Halbleiterhersteller, die vorrangig für die Konsumgüterindustrie produzierten, die hohe Nachfrage nach Halbleitern in der Automobilindustrie zur Kenntnis genommen und sich mittlerweile zu ernsthaften Konkurrenten der in den TOP 100 vertretenen Zulieferer entwickelt. Qualcomm, der amerikanische Branchen-Gigant für Smartphone-Chips, konnte im vergangenen Geschäftsjahr seinen Umsatz im Automobilsektor um 24,1% auf 1,73 Milliarden Euro steigern. Bei gleichbleibendem Wachstum würde Qualcomm, das theoretisch heute auf Platz 133 der Rangliste liegt, damit innerhalb der nächsten drei Jahre den Aufstieg in die 100 größten Automobilzulieferer schaffen. Zuletzt sorgte die hinter den Erwartungen zurückgebliebene Nachfrage nach Elektrofahrzeugen für den Rückgang der Wachstumsrate, denn Fahrzeuge mit Elektroantrieb enthalten bis zu drei Mal so viele Halbleiter wie traditionelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Die einzige Warengruppe, die nicht vom gestiegenen Fahrzeugabsatz profitieren konnte, sind Reifen. Reifenhersteller hatten 2023 aufgrund eines Einbruchs im Reifenersatzgeschäft einen Umsatzrückgang von 1,9% zu verbuchen, die umsatzgewichtete Marge stieg im Durchschnitt um 0,2 Prozentpunkte und damit deutlich schwächer als die umsatzgewichtete Marge der TOP 100. Der Einbruch des Ersatzreifenmarkts, der für etwa 80% des Umsatzes der Reifenhersteller verantwortlich ist, plagte vor allem europäische und amerikanische Reifenhersteller. In den USA sank dieser um 8%, in Europa sogar um 12%. Goodyear verlor 5,3% an Umsatz, Michelin verlor 0,9%. Obwohl Continental seinen gesamten Automobilumsatz um über 5% steigern konnte, sank der Umsatz im Reifengeschäft um 0,3%. Der einzige europäische Reifenhersteller, der keinen Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, ist damit Pirelli mit einem Umsatzwachstum von 0,5%. Pirelli ist auch der Einzige der vier genannten Reifenhersteller mit einem Zuwachs bei der Marge. Der einzige asiatische Reifenhersteller, dem es nicht gelang, die Marge zu steigern, ist Bridgestone. Die restlichen fünf asiatischen Reifenhersteller konnten alle ihre Marge deutlich steigern. Den größten Zuwachs verzeichnete Hankook Tires mit einem Anstieg von 6,4 Prozentpunkten im Vergleich zu 2022. Durch den verdichtenden Wettbewerb, vor allem aus Asien, sind europäische und amerikanische Reifenhersteller gezwungen, ihre Kosten weiterhin zu minimieren. Dabei leidet vor allem der Industriestandort Deutschland: 2023 wurden vier Schließungen von Michelin und Goodyear bekanntgegeben – ein Drittel aller existierenden Reifenwerke in Deutschland.

Ausblick

In der dynamischen Welt der Automobilindustrie stehen Zulieferer vor wegweisenden Herausforderungen. Eine klare Marktstrategie für den Umgang mit China ist unerlässlich, da die Konkurrenz aus dem Reich der Mitte in allen Warengruppen spürbar zunimmt. Doch bietet der chinesische Markt nicht nur Wettbewerb, sondern auch bedeutende Chancen, da die Nachfrage nach Zulieferprodukten dort mit dem Aufstieg chinesischer OEMs drastisch zunehmen wird.

Zudem ist eine kritische Überprüfung der Portfoliostrategie gefordert. Trotz der unbestrittenen Bedeutung der Elektromobilität als Zukunftstechnologie ist der optimale Zeitpunkt für eine vollständige Umstellung immer noch unklar. Sollten die Wachstumsraten für E-Fahrzeuge weiterhin sinken, müssen Investitionen in elektrifizierte Portfolios sorgfältig abgewogen und gegebenenfalls Anpassungen vorgenommen werden. Darüber hinaus müssen die Zulieferer Flexibilität zeigen, um auf kurzfristige Volumenänderungen der Hersteller zwischen Elektro- und Verbrennerfahrzeugen reagieren zu können.

Autoren
Dr. Alexander Timmer

Partner

Dr. Jürgen Simon

Associate Partner

Gereon Heitmann

Senior Consultant

Simon Flierl

Consultant

Dr. Alexander Timmer

Dr. Alexander Timmer (1981) ist seit Mai 2021 als Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Markteintritts- und Wachstumsstrategien, M&A und kann auf eine langjährige Erfahrung im Operations-Umfeld zurückschauen. Dr. Alexander Timmer berät seit 2012 Automobilhersteller und -zulieferer im globalen Kontext. Er verfügt über ein fundiertes Expertenwissen in den Bereichen Portfolioplanung, Entwicklung und Produktion. Zu seinen weiteren fachlichen Schwerpunkten zählen unter anderem Digitalisierung und der Themenkomplex rund um die Elektromobilität.
Vor seinem Einstieg bei Berylls Strategy Advisors war er unter anderem für Booz & Company und PwC Strategy& als Mitglied der Geschäftsführung in Nordamerika, Asien und Europa tätig.
Im Anschluss an sein Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen und der Chalmers University in Göteborg promovierte er im Bereich der Fertigungstechnologien am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen.

Dr. Jürgen Simon

Dr. Jürgen Simon (1986) ist als Associate Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Vertriebs- und Unternehmensstrategien sowie M&A und kann auf eine langjährige Beratungserfahrung zurückschauen. Er berät seit 2011 Automobilhersteller und -zulieferer und verfügt über fundiertes Expertenwissen in den Bereichen ganzheitliche Strategieentwicklung, Geschäftsmodelle und Commercial Due Diligence. Weitere Schwerpunkte liegen in Markteintrittsstrategien sowie Themen rund um das „Software Defined Vehicle“. Als diplomierter Ökonom der Universität Hohenheim hat er vor seinem Einstieg bei Berylls am Institut für Unternehmensführung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) promoviert.