he automotive sector is one of the most relevant contributors to the wealth of European citizens.
In the past, a highly competitive aftermarket granted affordable and individual mobility to a large part of the population, but this might change with the ongoing shift of technology. CLEPA, FIGIEFA, Automechanika, and Berylls conducted a study to analyze the most important influencing factors that have the potential to change the aftermarket landscape and possibly drive a shift in the existing market balance between the channels of the independent aftermarket (IAM) and the original equipment services (OES). To substantiate and draw conclusions, we identified five key influencing factors likely to drive the most significant changes and defined seven key markets in Europe to provide a thorough overview and subsequently build a market model to forecast the expected market development. We conducted interviews with highly esteemed experts across the entire aftermarket value chain to gather qualitative feedback, sustain our observations, and illustrate changes in the balance of power, price, and access to data, forming highly probable market scenarios.
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Florian Tauschek has 8 years of experience in strategy consulting. He focuses on business & sales model strategies for flexible Vehicle-as-a-Service (VaaS) offers.
He is an expert in topics such as customer & vehicle lifetime value optimization, the transformation of the underlying automotive sales model from one-time asset sales towards multicycle models generating recurring revenues as well as market entry strategies for various VaaS products such as operating lease or subscriptions. Furthermore he is the author of several market leading studies around VaaS.
He holds a Master of Science degree in management from HHL – Leipzig Graduate School of Management.
Paul Kummer (1983) joined Berylls by AlixPartners (formerly Berylls Strategy Advisors), an international strategy consultancy specializing in the automotive industry, as a partner in October 2021. He is an automotive downstream expert.
He has been advising automotive manufacturers in a global context since 2010. He has in-depth expert knowledge in the areas of sales and aftersales. His other areas of expertise include growth strategy development, business model development, portfolio optimization and digital transformation.
Prior to joining Berylls Strategy Advisors, he worked for Monitor Deloitte and Accenture.
Paul received his MBA from WHU Otto Beisheim School of Management and his Industrial Engineering degree from DHWB Mosbach.
ie erhalten wir die Steuerbarkeit des Unternehmens, wenn es größer und komplexer wird?
Wie können wir in Zeiten von veränderten Kundenbedürfnissen, neuen Technologien und Geschäftsmodellen sowie den zahlreichen geopolitischen Krisen zielgerichtet navigieren? Mit diesen Fragen befasst sich die deutsche Zuliefer-Industrie intensiv. Die Qualität des Steuerungssystems der Firma ist zur neuen Top-Management-Aufgabe avanciert.
Eine gemeinsame Untersuchung von Berylls und pims.ai¹ zeigt auf, dass über 56 % der ausgewählten strategischen Geschäftseinheiten von Automobilzulieferern nicht in der Lage sind, ihr volles Renditepotenzial von durchschnittlich 9 %² auszuschöpfen. Folglich verschenken über die Hälfte dieser Unternehmen Geld, anders als Spitzenunternehmen, die eine vergleichbare Wettbewerbsposition und ähnliche Marktattraktivität aufweisen.
Die betroffenen Unternehmen reagieren häufig mit einem Mehr an Steuerung, laufen hierbei jedoch Gefahr zu übersteuern. Sie führen eine Vielzahl von Kennzahlen ein, die zum Teil den Blick auf das Wesentliche des Geschäfts verdecken. Zudem fokussieren sie sich häufig auf die operative Steuerung des Tagesgeschäfts und weniger auf den Ausbau und die Steuerung langfristiger strategischer Erfolgspotenziale.
Es gilt also, die für das Geschäft wesentlichen Aspekte wieder in den Mittelpunkt der Unternehmenssteuerung zu rücken und eine kontinuierliche Planung und Steuerung der strategischen Erfolgspotenziale sicherzustellen. Um dies zu erreichen, kann das Konzept der sechs Schlüsselgrößen³ dem Top-Management als erfolgversprechendes Navigationssystem dienen. Gemäß empirischen Langzeitstudien erklären die sechs Schlüsselgrößen über 70 % des Unternehmenserfolgs. Das Konzept zeigt Entscheidungsträgern zwar nicht direkt, was der richtige Kurs für sie ist, aber es gibt ihnen Orientierungshilfe zur Kursbestimmung und Navigation. Im Folgenden wollen wir die sechs Schlüsselgrößen kurz vorstellen.
6 Schlüsselgrößen – Navigationssystem in stürmischen Zeiten
Einer der stärksten Treiber für nachhaltigen Geschäftserfolg ist die Marktstellung, häufig ausgedrückt über die Höhe des Marktanteils. Der Marktanteil ist jedoch kein Selbstzweck – Voraussetzung für die Gewinnung von Marktanteilen ist eine überlegene Marktstellung. Doch viele Unternehmen kennen die für ihr Produkt optimale Marktpositionierung nicht. Diese ergibt sich aus der Positionierung entlang der Achsen „Preis im Vergleich zum Wettbewerb“ und „kundenseitig wahrgenommene Produktqualität“; sie stellt damit den relativen Kundennutzen ins Zentrum der Betrachtung. Ein probates Hilfsmittel ist hier die Value Map, mit deren Hilfe Entscheidungsträger wertvolle Empfehlungen für eine vorteilhaftere Marktstellung ableiten bzw. korrigierende Maßnahmen festlegen können, um die angestrebte Positionierung zu erreichen. Dies veranschaulicht auch die beispielhafte Abbildung: Während der Wettbewerber „This business“ sowie die Wettbewerber 1 und 3 alle einen überdurchschnittlichen Preis anbieten, punktet „This Business“ mit seiner als am besten wahrgenommenen Produktqualität. Wettbewerber 1 und 3 müssen hingegen aufgrund der als unterdurchschnittlich wahrgenommenen Qualität mit dem Verlust weiterer Marktanteile rechnen.
pims.ai Customer Value Map für eine kompetitive Marktstellung
Die Innovationsleistung einfach nur über eine bloße Kennzahl zu messen, greift zu kurz. Es geht vielmehr darum, die jeweilige Substitutionsdynamik am Markt zu erkennen, also die Art und Weise, mit der neue Produkte den Marktbedarf befriedigen und damit alte Produkte ersetzen. Zulieferer-Strategien sind häufig noch stark durch die eigenen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten getrieben, ganz nach dem Motto: Wenn ich ein gutes Produkt habe, muss es dafür auch ein Kundenproblem geben. Eine vorausschauende Unternehmenssteuerung muss folglich die Neuproduktentwicklung so steuern, dass sie die Geschwindigkeit, mit der sich Substitutionsprozesse am Markt vollziehen, berücksichtigt. Zusätzlich muss sie in der Lage sein, auf diese mit passenden Neuprodukten zu reagieren. Der Aufbau einer solchen Steuerungsfähigkeit ist gerade im Zuge der Transformation in der Automobilbranche absolut erfolgskritisch.
Die Produktivität ist eine weitere Schlüsselgröße. Gerade Zulieferunternehmen sind einem erheblichen Produktivitätsdruck ausgesetzt. Oft wird von Kostendruck gesprochen, was aber nur einen Teil der Produktivität darstellt. Es geht vielmehr darum, entweder ein gleiches Leistungsniveau bei geringeren Kosten (Input) oder bei gleichen Kosten deutlich mehr Leistungen (Output) bereitzustellen. Die Berylls-pims.ai-Untersuchung zeigt auf, dass Zulieferer mit geringeren Renditeerwartungen im Vergleich zu Spitzenunternehmen insbesondere Produktivitätspotenziale im Bereich Manufacturing & Distribution aufweisen. Diese Unternehmen tun sich häufig schwer damit, die Effekte aus aufgebauten Erfahrungskurven und Maßnahmen zur kontinuierlichen Verbesserung so umzusetzen, dass eine echte Produktivitätssteigerung erreicht wird. Schaffen es Unternehmen, ihre Produktivitätspotenziale zu heben, können sie damit ihre Wettbewerbsposition stärken und diese zur Gewinnung weiterer Marktanteile nutzen. Folglich gilt es einmal mehr, die Unternehmenssteuerung auf die Schlüsselgröße der Produktivität in Bezug auf Arbeit, Kapital und Zeit konsequent auszurichten.
Der Fachkräftemangel in der Automobilindustrie bei Herstellern und Zulieferern ist ein allgemein bekanntes Problem. Schaut man sich die Entwicklung bei den Nachwuchskräften an, wird es noch gravierender: Ein heutiger Supply-Chain-Absolvent hat bereits sechs offene Stellen zur Auswahl, Tendenz in den nächsten Jahren steigend.⁴ Es ist wohl auch deshalb kaum verwunderlich, dass die Attraktivität als Arbeitgeber im Hinblick auf die Gewinnung guter Leute eine weitere strategische Schlüsselgröße darstellt. Zulieferunternehmen sind jetzt angehalten, ihre Personalstrategie zu überarbeiten. Welche Fähigkeiten werden zukünftig benötigt? Können wir das notwendige Know-how selbständig aufbauen oder müssen wir dieses extern am Markt einkaufen? Wie gut sind wir darin, fähige Leute zu rekrutieren, zu halten und zu entwickeln? Häufig fehlt es den Unternehmen nicht an der Erkenntnis, was sie verbessern müssen, oder an den finanziellen Mitteln, sondern an umsetzungsstarken Führungskräften. Es braucht also Strategien, die Antworten im Hinblick auf die richtige Aus- und Weiterbildung sowie die Gewinnung guter Leute geben, um mögliche Gefahren von den Unternehmen abzuwenden.
Die Schlüsselgrößen fünf und sechs werden zusammengefasst dargestellt. Denn Liquidität und Profitabilität sind keine versteuernden Größen für das zukünftige Erfolgspotenzial, sondern eher das Resultat aus der Umsetzung des strategischen Vorhabens. Je höher das Erfolgspotenzial, desto höher auch die Wahrscheinlichkeit einer ausreichenden Liquidität und langfristigen Profitabilität. Die häufig verwendete Phrase „Wir müssen den Gewinn maximieren“ greift hier zu kurz. Um das Geschäft langfristig finanzieren zu können, ist es vielmehr entscheidend, Klarheit darüber zu gewinnen, was das Gewinnminimum ist. Denn es ist einfach, den Gewinn kurzfristig zu maximieren, indem man Investitionen nach hinten verschiebt – die kurz- und langfristig ausbalancierte Steuerung der sechs Schlüsselgrößen ist hingegen die eigentliche Top-Management Aufgabe.
In der sich in vollem Gange befindlichen Transformation der Automobilbranche fällt das Navigieren manchmal schwer. Vor diesem Hintergrund gibt die Logik der sechs Schlüsselgrößen Entscheidungsträgern hierbei die nötige Orientierung. Die sechs Größen beschleunigen die Diskussion und die Entscheidung innerhalb der strategischen Planung und Steuerung erheblich und schützen vor Ablenkung durch Randthemen und persönliche Managementempfindungen. Dabei stellen sie zugleich auch die Anforderungen an eine gute Strategie und zwingen das Management von Zulieferunternehmen, die notwendigen Antworten zu geben bzw. zu finden. Darüber hinaus können die Größen auch als Basis für das Berichtswesen und die Ziele-Kaskadierung in den Organisationen genutzt werden. Die weitere Operationalisierung dieser Schlüsselgrößen in operative Kennziffern ermöglicht sogar eine Ausrichtung der wertschöpfenden Prozesse und damit eine enge Verzahnung zwischen dem strategisch Geplanten und dem wirklich Umgesetzten. So wird Strategiearbeit über eine klar ausgerichtete Unternehmenssteuerung produktiv und damit zu der erfolgskritischen Aufgabe für die Entscheidungsträger in der Automobilindustrie.
¹ PIMS steht für „Profit Impact of Market Strategies“ und ist bis heute das weltweit größte empirische Forschungsprogramm im Bereich des strategischen Managements und geht bis in die 70er Jahre zurück. PIMS ermittelt mit Daten von über 4.500 Unternehmenseinheiten die wichtigsten Treiber für den nachhaltigen Erfolg von Unternehmen.
² 9 % beschreibt den Return on Sales und damit die durchschnittliche Renditeerwartung eines Zulieferunternehmens.
³ Das Konzept der sechs Schlüsselgrößen geht auf Malik zurück.
⁴ Supply Chain Management Center der University of Maryland (2015).
Dr. Alexander Timmer (1981) ist seit Mai 2021 als Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Markteintritts- und Wachstumsstrategien, M&A und kann auf eine langjährige Erfahrung im Operations-Umfeld zurückschauen. Dr. Alexander Timmer berät seit 2012 Automobilhersteller und -zulieferer im globalen Kontext. Er verfügt über ein fundiertes Expertenwissen in den Bereichen Portfolioplanung, Entwicklung und Produktion. Zu seinen weiteren fachlichen Schwerpunkten zählen unter anderem Digitalisierung und der Themenkomplex rund um die Elektromobilität.
Vor seinem Einstieg bei Berylls Strategy Advisors war er unter anderem für Booz & Company und PwC Strategy& als Mitglied der Geschäftsführung in Nordamerika, Asien und Europa tätig.
Im Anschluss an sein Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen und der Chalmers University in Göteborg promovierte er im Bereich der Fertigungstechnologien am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen.
Laura Kronen (1980) ist Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) mit Schwerpunkt Transformation. Menschen zu bewegen und Organisationen voranzubringen begeistert sie. Mit über 18 Jahren Industrie- und Beratungserfahrung liegt ihr Fokus auf transformativen Fragestellungen im Operations Umfeld – vom Executive bis zum einzelnen Mitarbeiter, bei Herstellern und Zulieferern. Sie unterstützt ihre Kunden dabei, Strategie, Struktur und Kultur in ihrem jeweiligen Marktumfeld in Einklang zu bringen und somit ihre Resilienz zu stärken.
Bevor Laura Kronen zu Berylls kam, arbeitete sie bei PwC Strategy&, Volkswagen AG und Audi. Sie hat einen Diplomabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
ass sich die Automobilindustrie vor dem Hintergrund von Elektrifizierung, softwaredefinierten Fahrzeugen und autonomem Fahren aktuell in der Transformation befindet, ist hinlänglich bekannt und beschrieben.
Aber wo steuern die Automobilindustrie und insbesondere die Automobilzulieferer angesichts der aktuellen Herausforderungen hin und welche Handlungsoptionen gibt es heute?
Unternehmenslenker in der Zulieferbranche sind aktuell oft nicht zu beneiden und viele schauen reumütig zurück auf vergangene Zeiten, die unter anderem von guter Planbarkeit der Volumenabrufe und einem insgesamt (oftmals) partnerschaftlichen und verlässlichen Verhältnis mit den OEMs geprägt waren. Schließlich zeigt sich heute ein ganz anderes Bild: eine Flut an neuen Herstellern, die den bisherigen Kunden zunehmend Volumen streitig machen. Hochgradig volatile Volumenabrufe, insbesondere bei batterieelektrischen Fahrzeugen. Teure Innovationen, die sich aufgrund von enormem Wettbewerb und niedrigen Preisen nicht rechnen. Hohe Inputkosten, die sich darüber hinaus regional enorm unterscheiden. Kunden, die ganz neue und andere Bedürfnisse haben. Neue, vor allem softwaregetriebene OEMs, die Entwicklungszeiten enorm reduziert haben und bei denen „Time-to-Market“ die zentrale Kenngröße ist. Etablierte Premiumhersteller, deren Flaggschiffmodelle plötzlich keinen Absatz finden, womit auch die Technologieführerschaft in Frage gestellt werden kann. Europäische OEMs, die auch bei absoluten Innovationsthemen lieber mit Zulieferern aus Fernost arbeiten, um trotz enormen Risikos Kosten einzusparen. Der Arbeitsmarkt in Europa und speziell Deutschland ist angesichts von Fachkräftemangel und weiter reduzierter Arbeitszeit längst eine Wachstumsbremse. Risiken werden sukzessive versucht zu vermeiden, gerade auf der Kapitalseite. Die Liste ließe sich beliebig fortführen. Die Konsequenzen lassen sich bereits am Markt beobachten, wenn einzelne etablierte Zulieferer aus absoluten Wachstumsthemen wie Sensoren, Batterie oder Elektromotoren aussteigen.
Wo das Ganze enden wird, ist unklar. Unbenommen bleibt aber, dass China eine ganz spezielle Rolle in der weiteren Entwicklung einnimmt, und zwar aus vielerlei Gründen. Einerseits schwindet zunehmend die lange Zeit erfolgreiche Arbeitsteilung aus Produktion in China und Entwicklung im Rest der Welt. Chinesische Unternehmen produzieren nicht nur, sondern sind oftmals hoch innovativ, gerade in Kerndomänen wie batterieelektrischen Fahrzeugen. Zwar werden in Deutschland rund sieben Mal so viele Patente für Kfz angemeldet wie in China, jedoch wurden aus China rund vier Mal so viele Patente für den Elektroantrieb angemeldet wie in Deutschland. Dass China seine Patentanmeldungen allein im Zeitraum 2010 bis 2020 um den Faktor sechs erhöht hat, zeigt, wo die Reise hingeht. Andererseits werden chinesische OEMs weiterhin zulegen und damit für eine Kräfteverschiebung auf dem globalen Automobilmarkt sorgen. Dabei werden automatisch auch chinesische Zulieferer durch die regionale Nähe weiter skalieren und sukzessive ihre globale Präsenz ausbauen. Ein Trend, der sich auch in den TOP 100 ablesen lässt: Gab es 2012 nur einen Vertreter aus China, waren es zehn Jahre später schon neun und bis 2030 dürfte die Zahl auf rund 20 ansteigen – größere Zukäufe noch nicht einmal eingerechnet.
Somit lässt sich hier ein Szenario zeichnen, in dem vor allem chinesische Zulieferer global Marktanteile gewinnen und für Innovation und Hightech stehen. Demgegenüber müssen gerade deutsche Zulieferer mehr und mehr auf sehr schlanke Strukturen bzw. Kostenvorteile statt Innovationsvorsprung setzen, mit Produktionen in Osteuropa und anderen Best-Cost-Standorten und einer damit einhergehenden zunehmenden Verlagerung von Arbeitskräften in andere Länder. Wie lange die Unternehmen bei verlagerter Wertschöpfung ihren Sitz noch in Deutschland halten, wird vor allem eine Anreizfrage des Staates bzw. der Steuersituation sein. Für Deutschland lässt sich damit nichts Gutes erahnen, sanken die Beschäftigtenzahlen im Automobilsektor ohnehin schon von zuletzt 808.000 im Jahr 2020 auf 774.000 in 2022.
Insbesondere für Zulieferer hierzulande gilt es, sich über die stattfindende Transformation und mögliche Szenarien klar zu werden und sich entsprechend vorzubereiten. In jedem Fall muss das Thema Portfolio weit oben auf der Agenda stehen, denn eine gezielte Fokussierung – auch wenn dies oftmals aus emotionaler Sicht schmerzhafte Divestments bei Wachstumsthemen bedeutet – erlaubt die Ressourcenallokation auf Themen mit langfristiger Wettbewerbsfähigkeit und Margenpotenzial. Für die verbleibenden Themen im Portfolio gilt es, für viele, insbesondere deutsche Zulieferer eine radikale Veränderung einzuleiten, unter anderem:
Die Herausforderungen sind gewaltig und der langfristige Erfolg ist alles andere als in Stein gemeißelt, daher ist ein zügiges und entschlossenes Handeln unabdingbar.
Dr. Alexander Timmer (1981) ist seit Mai 2021 als Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Markteintritts- und Wachstumsstrategien, M&A und kann auf eine langjährige Erfahrung im Operations-Umfeld zurückschauen. Dr. Alexander Timmer berät seit 2012 Automobilhersteller und -zulieferer im globalen Kontext. Er verfügt über ein fundiertes Expertenwissen in den Bereichen Portfolioplanung, Entwicklung und Produktion. Zu seinen weiteren fachlichen Schwerpunkten zählen unter anderem Digitalisierung und der Themenkomplex rund um die Elektromobilität.
Vor seinem Einstieg bei Berylls Strategy Advisors war er unter anderem für Booz & Company und PwC Strategy& als Mitglied der Geschäftsführung in Nordamerika, Asien und Europa tätig.
Im Anschluss an sein Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen und der Chalmers University in Göteborg promovierte er im Bereich der Fertigungstechnologien am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen.
Dr. Jürgen Simon (1986) ist als Associate Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Vertriebs- und Unternehmensstrategien sowie M&A und kann auf eine langjährige Beratungserfahrung zurückschauen. Er berät seit 2011 Automobilhersteller und -zulieferer und verfügt über fundiertes Expertenwissen in den Bereichen ganzheitliche Strategieentwicklung, Geschäftsmodelle und Commercial Due Diligence. Weitere Schwerpunkte liegen in Markteintrittsstrategien sowie Themen rund um das „Software Defined Vehicle“. Als diplomierter Ökonom der Universität Hohenheim hat er vor seinem Einstieg bei Berylls am Institut für Unternehmensführung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) promoviert.
Dr. Jan Dannenberg (1962) ist seit 1990 Berater der Automobilindustrie und seit Mai 2011 Gründungspartner bei Berylls Strategy Advisors. Bis zum Frühjahr 2011 war er acht Jahre international als Partner – davon fünf Jahre als Associate Partner – für Mercer Management Consulting und Oliver Wyman tätig. Er ist ausgewiesener Spezialist für Innovationen und Markenmanagement in der Automobilindustrie und berät im Schwerpunkt Zulieferer und Investoren zu Strategie, Mergers & Acquisitions und Performance Improvement. Zudem ist er Geschäftsführer von Berylls Equity Partners, eine auf Mobilitätsunternehmen spezialisierte Beteiligungsgesellschaft.
Bachelor of Arts in Volkswirtschaftslehre von der Stanford University, Studium der Betriebswirtschaftslehre und Promotion an der Universität Bamberg.
eue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen im Umfeld des Software Defined Vehicle stellen die Zuliefererbranche vor Herausforderungen.
Genauso wie beim Endprodukt verändert sich auch hier das Produktportfolio hin zu mehr softwarebasierten Leistungen bei gleichzeitiger Pflege der traditionellen Produkte. Die Wertschöpfungstiefe und der Aufbau neuer Kompetenzen sind hierbei für den zukünftigen Wettbewerb von Bedeutung. Unterschätzt werden der Grad der Veränderung und der Aufwand der digitalen Transformation. Überschrittene Budgets sowie unterschätzte Investitionen und Kosten, zum Beispiel für Lizenzen, gehören zum Alltag. Als Ergebnis geraten aktuelle Projekte mit Software-Fokus außer Kontrolle. Jüngste Beispiele zeigen, dass Budgetüberschreitungen von mehreren 100 % keine Seltenheit sind und sie – neben der Rentabilität eines Projekts – auch das ganze Unternehmen gefährden.
Anstieg in den Kosten für Software Projekte
Quelle: Berylls by AlixPartners
Um Softwareprojekte erfolgreich umzusetzen, benötigt es also mehr als die weitverbreitete Einführung agiler Methoden auf der operativen Ebene. Insgesamt gibt es drei zentrale Handlungsfelder für die Kunst der Code-Beherrschung:
Neben dem Prinzip „Software als Produkt“ entstehen auch im Arbeitsumfeld Veränderungen. Softwareentwicklung wird transformiert zur Softwareproduktion, was eine Veränderung der Prozesse umfasst. Die Einführung agiler Arbeitsweisen allein erhöht nicht die operativen Fähigkeiten, Software zu entwickeln, zu integrieren und freizugeben. Aktivitäten und Artefakte müssen angepasst werden, um das Betriebssystem (operating model) zur Softwareproduktion zu befähigen.
Traditionelle Entwicklungsprozesse in der Automobilindustrie dauern drei bis fünf Jahre und spezifizieren Anforderungen teils bis zum Projektende. Releases an Kunden im Zwei-Wochen-Takt lassen dies nicht zu. Die RFLP-Logik konsequent durchgehend anzuwenden und daraus eine zentral gesteuerte Architektur abzuleiten, ist neben den technischen Herausforderungen auch für die regulatorischen Themengebiete zwingend erforderlich. Folglich würde eine ganzheitliche Anforderungsstruktur (Requirement), einer Funktionsarchitektur (Function) zuvorkommen, in der die regulatorischen, technischen und kundenorientierten Anforderungen gesammelt, geclustert und hierarchisiert werden. Basierend darauf folgt die Konzeption der Systeme (Logical), die der finalen physischen Architektur (Physical) zu Grunde liegen.
Da Prozesse und Tools aus der Hardwareumgebung bereits existieren, werden diese oft auf Software angewandt. Die Verschiebung zu mehr Software bedeutet, Prozesse aus zwei Perspektiven in Frage zu stellen: a) Kontext und b) Verknüpfung. Im Hinblick auf den Kontext müssen Aktivitäten und Artefakte an die Softwareprodukte angepasst werden, wie zum Beispiel das Releasemanagement. Andernfalls werden erforderliche Prozesse ignoriert und die benötigte Prozesstreue wird nicht erreicht. In Bezug auf Verknüpfung ist die Verfügbarkeit von Daten und stringente Versionierung unbedingt erforderlich, um zum Erfolg beizutragen. Produkte wie Codebeamer ermöglichen die Nachverfolgung von Aktivitäten ohne nennenswerte Medienbrüche.
Wenn man von Tests spricht, sind CICD-Pipelines – automatisierte Prozesse, die eine kontinuierliche Integration (Continuous Integration CI) und Bereitstellung (Continuous Deployment, CD) ermöglichen – Teil der Konversation. Die neueste Version einer Software kann damit für Testzwecke auf den aktuellen Stand der Hardware (virtuell) hin überprüft werden. Hierbei sind Partner gefragt, die Datenmodelle entwickeln sowie notwendige Infrastruktur bereitstellen – eine essenzielle Make-or-buy-Entscheidung. Operativ ist die direkte Übertragung der Testergebnisse in die Entwicklung erfolgsentscheidend. Die Etablierung von DevOps auf Basis automatisierter Workflows reduziert nicht nur den Steuerungsaufwand, sondern erhöht auch die Entwicklungsgeschwindigkeit.
Die Prozesse um CICD und DevOps können als Softwareproduktion umschrieben werden, da Funktionen in großem Maßstab produziert und bereitgestellt werden. Um Qualität und Produktionssicherheit zu gewährleisten, ist ein klarer Releaseprozess von zentraler Bedeutung. Definierte Kategorien zur Kundenfähigkeit sowie die Überwachung der Releaseabläufe werden erfasst, um die Übertragung funktionsfähiger Software in das Kundenfahrzeug sicherzustellen.
Automobilzulieferer stehen vor der Herausforderung, dass Entwicklungsteams und Management oftmals nicht die richtigen oder ausreichenden Fähigkeiten besitzen, um im Softwaregeschäft erfolgreich zu werden. Diese Herausforderung wird durch die kritische Bedeutung von Qualität über Quantität in der Softwareentwicklung und -architektur verschärft, denn leistungsstarke Softwareingenieure sind bis zu 10-mal produktiver als ihre durchschnittlichen Kollegen. Hierbei gilt es für Zulieferer, die wesentlichen Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen.
Zuerst müssen Zulieferer den Grad der Kerneigenleistung im Bereich Software identifizieren und strategisch Partnerschaften oder Akquisitionen nutzen, um diese zu stärken.
Ein umfassendes Verständnis für die notwendigen Rollen und Fähigkeiten im Softwarebereich ist entscheidend, um gezielte Rekrutierungsbemühungen, maßgeschneiderte Schulungsprogramme, spezifische Karrierewege für Experten und strategische Personalplanungsinitiativen zu entwickeln. Angesichts sich rasch entwickelnder Technologien ist zudem eine kontinuierliche Fähigkeitsverbesserung von größter Bedeutung. Top-Tech-Unternehmen geben beispielsweise den Mitarbeitern jede Woche Zeit, um sich eigens ausgewählten Nebenprojekten und Expertenkreisen zu widmen. Diese Praxis fördert nicht nur Innovation, sondern pflegt auch eine Kultur des ständigen Lernens und der Auseinandersetzung mit vielfältigen technischen Alternativen.
Durch den hohen Wettbewerb um wenige Top-Talente müssen Zulieferer über die klassischen Recruiting-Kanäle hinausdenken, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Dies beinhaltet alternative Talentpools wie Coding-Bootcamps, Top-Committer zu Open-Source-Projekten und Hackathons. Zudem muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass Top-Entwickler auch Top-Gehälter verdienen können, ohne dabei zwangsläufig in die Management-Karriere gedrückt zu werden.
Schließlich ist es entscheidend, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die die „Developer Experience“ priorisiert, zum Beispiel durch Zugang zu modernsten Technologien und eine kollaborative Kultur und flachere Entscheidungshierarchien, um einen attraktiven Arbeitsplatz für neue und bestehende Mitarbeiter zu bieten.
Die Organisation der Softwareentwicklung in agilen Teams ist heutzutage Standard. Aber während auf der operativen Ebene in neuen Strukturen Software entwickelt wird, haben Führungskräfte häufig Probleme, diese Teams zu nachhaltigen Erfolgen zu führen. Viele von ihnen waren erfolgreich in der klassischen Hardwareentwicklung und stehen nun vor der Herausforderung, ihren Führungsstil anzupassen und sich weiterzuentwickeln. Software-Führungskräfte sollten deswegen die nachfolgenden Stellhebel in der Mitarbeiterführung beherzigen.
Zunächst benötigen Führungskräfte die Beurteilungskompetenz, um Softwareprojekte bewerten und steuern zu können. Dies ist die Grundlage für effektive und effiziente Entscheidungen unter Berücksichtigung von technischen, kommerziellen und strategischen Aspekten. Aktuelle Trends zu „Code-first“ oder „Everything-as-code“ verstärken diese Anforderung.
Zudem müssen Führungskräfte bereit sein, Entscheidungen im Alltagsgeschäft in den agilen Projektteams zu belassen. Zum Beispiel sollte die kurzzyklische Repriorisierung von Features innerhalb eines definierten Rahmens den Teams überlassen werden, um den besten Output sicherzustellen. Da Softwareentwicklung im Vergleich zu Hardwareentwicklung dynamischer abläuft, führt eine starre Steuerung gegen ursprünglich definierte Spezifikationen und Meilensteinplänen selten zu erfolgreichen Produkten. Führungskräfte sollten ihre Teams vielmehr anleiten, zunächst lieferfähige Softwarestände zu generieren, die den minimalen Kundenanforderungen und der Regulatorik entsprechen. Erweiterungen können in der Software über kontinuierliche Over-the-Air-Updates bereitgestellt werden.
Zuletzt sollten sich Führungskräfte als Brückenbauer und Systemintegratoren zwischen der Software- und Hardwareentwicklung verstehen. Sie sollten Fragestellungen klären wie: Welche Softwareanforderungen müssen wirklich definiert sein bei der Festlegung der Hardware (meist lange Zeit bevor die erste Zeile Code geschrieben wird)? Was sind die kritischen Meilensteine, die bereits früh mit ersten Softwareständen versorgt werden müssen? Oder: Wie können Software- und Hardwareteams besser zusammenarbeiten? Die reibungsarme Synchronisation von langzyklischer Hardwareentwicklung und kurzzyklischer Softwareentwicklung wird zunehmend zu einer erfolgskritischen Aufgabe, die Führungskräfte steuern müssen.
Softwareprojekte, die aus dem Ruder laufen, sind in der Automobilindustrie heute keine Seltenheit und können signifikanten finanziellen Schaden verursachen. Neben den strukturellen Hebeln wie der Standardisierung von Prozessen, Methoden und Tools werden die richtigen internen und externen Capabilities benötigt. Führungskräfte – heute häufig mit hardwarelastigem Hintergrund – müssen ihre Führungspraxis auf die softwarespezifischen Anforderungen anpassen.
Durch den zunehmenden Trend hin zum Software Defined Vehicle müssen Zulieferer jetzt handeln, um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern.
Christian Grimmelt (1985) ist seit Februar 2021 fester Bestandteil des Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) Teams. Zuvor hat er bereits umfangreiche Berufserfahrung in Topmanagementberatungen und in der Automobil-Zuliefererbranche gesammelt.
Während seiner Zeit bei dem weltweit größten Automobil-Zulieferer hat er den Aufbau einer Zentraleinheit zur Optimierung des weltweiten Logistik- und Produktionsnetzwerkes des Unternehmens vorangetrieben.
Christian Grimmelts Beratungsschwerpunkte sind die Themen Logistik- und Produktionsnetzwerkoptimierung, Einkauf und (digital) Operations inklusive Anlauf- und Turnaround-Management für OEMs und insbesondere Zulieferer.
Christian Grimmelt besitzt ein Diplom für Wirtschaftsingenieurwesen vom Karlsruher Institut für Technologie.
Sebastian Böswald (1991) kam im April 2021 zu Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors). Er ist Associate Partner und ein Experte für Transformation und Betrieb. In den letzten zehn Jahren hat er sich auf Strategie und Organisationsdesign sowie auf zwei Megatrends konzentriert, die die Automobilindustrie prägen: Software-definierte Fahrzeuge und CASE (Connected, Autonomous, Shared und Electrified Mobility). In diesen Bereichen hat er sowohl unsere globalen OEM-Kunden als auch Tier-1-Zulieferer und Technologieunternehmen beraten.
Bevor er zu Berylls kam, arbeitete er für PwC Strategy& und begann seine Karriere bei BMW als Projektmanager für Produktstrategie und digitale Ladedienste.
Er erwarb einen Bachelor of Science in Automobilinformatik an der Technischen Universität Ingolstadt sowie einen Master of Science in Management an der Technischen Universität München.
m Jahr 2023 betrug der Anteil Deutschlands an der globalen Fahrzeugproduktion rund 4,8 % und es wird erwartet, dass dieser Anteil bis 2030 auf 5,4 % ansteigen wird.
Aber auch in China und den USA geht man von einem Wachstum der Produktion bis 2030 aus. Für die Zulieferer stellt sich daher die Frage, wie sie am Wachstum partizipieren können und ob sie dafür ihre Fokustechnologien wie auch die geografische Lage ihrer Produktionsstandorte anpassen müssen.
Betrachtet man die prognostizierten Standortentwicklungen der weltweiten TOP-20-Automobilzulieferer, ergibt sich auf den ersten Blick ein positiver Trend: Zwischen Januar 2022 und Februar 2024 wurden von ihnen deutlich mehr Erweiterungen und Neueröffnungen als Schließungen und Veräußerungen von Standorten angekündigt (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Anzahl der geplanten Standortveränderungen bei den TOP 20-Automobilzulieferern weltweit
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024
Quelle: Berylls by AlixPartners
Dies gilt jedoch nicht für alle Länder gleichermaßen, insbesondere nicht für den Standort Deutschland: Hier überwiegen die Verkäufe und Schließungen (siehe Abbildung 2) sowie eine Verlagerung in andere Regionen, so zum Beispiel bei Continental: Das Werk Babenhausen wird bis 2028 geschlossen, Teile der dortigen Produktion sind bereits nach Osteuropa verlagert und das Werk in Gifhorn wird bis Ende 2027 aufgrund fehlender Rentabilität komplett geschlossen.
Abbildung 2: Anzahl der geplanten Standortveränderungen bei den TOP 20-Automobilzulieferern in ausgewählten Ländern
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024
Quelle: Berylls by AlixPartners
Auch in den USA stehen sehr viele Werksverkäufe und -schließungen an. Hier zeichnet sich im Gegensatz zu Deutschland jedoch keine strukturelle Abwanderung ab, da die Werksschließungen von einer deutlich höheren Anzahl Neueröffnungen und Erweiterungen bestehender Kapazitäten überkompensiert werden. Ein wesentlicher Wachstumstreiber in den USA ist die Elektromobilität (Abbildung 3) – der Inflation Reduction Act hat das Potenzial, diese Dynamik weiter zu verstärken. Zu den Gewinnern bei Neueröffnungen und Erweiterungen zählen neben den USA auch Japan, Kanada, Ungarn und insbesondere China (Abbildung 2).
In China wird das mit Abstand größte Wachstum erwartet – wie in den USA dominieren auch hier mit über 40 % ganz eindeutig Investitionen in die Fertigung von Elektro-Antriebssträngen. Dabei spielen deutsche Unternehmen eine maßgebliche Rolle, sie stehen hinter fast 40 % der genannten Investitionen in China – und sind damit für mehr Investitionen vor Ort verantwortlich als chinesische TOP-20 Zulieferer.
Abbildung 3: Anzahl der geplanten Standortveränderungen bei den TOP 20-Automobilzulieferern in ausgewählten Commodities
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024
Quelle: Berylls by AlixPartners
In Mexiko spezialisieren sich die investierenden Unternehmen auf die Themen Elektrik und Elektronik. Rund 40 % der lokalen Investitionen entfallen auf diesen Bereich, wie durch die Erweiterung von drei Aptiv-Standorten zur Erhöhung der Produktionskapazitäten z.B. für Niederspannungs-Kabelbäume.
Neben den Trends E-Mobilität und Wachstum in China fällt bei den geplanten Investitionen der Trend „home country first“ stark ins Auge (Abbildung 4): US-Unternehmen fokussieren sich primär auf den amerikanischen Heimatmarkt und deutlich weniger auf Asien oder Europa. Auch chinesische Unternehmen verfolgen diese Strategie und konzentrieren sich bei ihren Investitionen sehr deutlich auf den Heimatmarkt. Vor dem Hintergrund des kürzlich beschlossenen 100%igen Importzolls auf chinesische Elektrofahrzeuge in den USA ist dies ein deutliches Signal für die zunehmende Abschottung der beiden Märkte, was sich auch in den Investitionen der betrachteten Zulieferer widerspiegelt.
Abbildung 4: Prozentualer Anteil der Investitionsschwerpunkte der TOP 20-Automobilzulieferer in ausgewählten Ländern
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024
Deutsche Unternehmen hingegen zeigen wenig Interesse an neuen Standorten im eigenen Land – obwohl sie mit 27 % für den größten Anteil der Investitionen unter den TOP-20-Automobilzulieferern verantwortlich sind. BOSCH investiert in neue Werke in China, um die Produktionskapazitäten für E-Powertrain-Komponenten zu erhöhen, und ZF Friedrichshafen investiert 500 Mio. USD in den bestehenden Standort Gray Court, South Carolina, um dort gleichzeitig konventionelle wie auch elektrifizierte Antriebssysteme produzieren zu können.
Unter dem Strich ist der Blick in die Zukunft aus deutscher Perspektive ambivalent: Es wird eine deutliche Konsolidierung der Standorte von Automobilzulieferern in Deutschland geben – die Expansionen zur Ermöglichung der E-Mobilitäts-Transformation finden maßgeblich in den USA und China statt. Eine Entwicklung, von der die deutschen Zulieferer aber indirekt auch profitieren, denn sie sind in diesen relevanten Wachstumsmärkten weiterhin stark vertreten – und können ihre Position dort sogar ausbauen.
Für global agierende Automobilzulieferer lohnt es sich, ihre Präsenz in Wachstumsmärkten wie den USA und China zu festigen, denn damit stellen sie die Einhaltung lokaler Standards sicher und vermeiden hohe Logistikkosten oder sich abzeichnende Importzölle und es kann auf kritische Tier-n-Zulieferer und deren Ressourcen zurückgegriffen werden.
Abbildung 5: Prozentualer Anteil der Herkunftsländer von Investitionen der TOP 20-Automobilzulieferer und Zielland der geplanten Investitionen
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024
Quelle: Berylls by AlixPartners
Dr. Alexander Timmer (1981) ist seit Mai 2021 als Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Markteintritts- und Wachstumsstrategien, M&A und kann auf eine langjährige Erfahrung im Operations-Umfeld zurückschauen. Dr. Alexander Timmer berät seit 2012 Automobilhersteller und -zulieferer im globalen Kontext. Er verfügt über ein fundiertes Expertenwissen in den Bereichen Portfolioplanung, Entwicklung und Produktion. Zu seinen weiteren fachlichen Schwerpunkten zählen unter anderem Digitalisierung und der Themenkomplex rund um die Elektromobilität.
Vor seinem Einstieg bei Berylls Strategy Advisors war er unter anderem für Booz & Company und PwC Strategy& als Mitglied der Geschäftsführung in Nordamerika, Asien und Europa tätig.
Im Anschluss an sein Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen und der Chalmers University in Göteborg promovierte er im Bereich der Fertigungstechnologien am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen.
Christian Grimmelt (1985) ist seit Februar 2021 fester Bestandteil des Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) Teams. Zuvor hat er bereits umfangreiche Berufserfahrung in Topmanagementberatungen und in der Automobil-Zuliefererbranche gesammelt.
Während seiner Zeit bei dem weltweit größten Automobil-Zulieferer hat er den Aufbau einer Zentraleinheit zur Optimierung des weltweiten Logistik- und Produktionsnetzwerkes des Unternehmens vorangetrieben.
Christian Grimmelts Beratungsschwerpunkte sind die Themen Logistik- und Produktionsnetzwerkoptimierung, Einkauf und (digital) Operations inklusive Anlauf- und Turnaround-Management für OEMs und insbesondere Zulieferer.
Christian Grimmelt besitzt ein Diplom für Wirtschaftsingenieurwesen vom Karlsruher Institut für Technologie.
is 2020 war die Zuliefererindustrie ein Garant für stabile Marktentwicklungen und stetiges Wachstum.
Seit 2020 hat sich das Blatt gewendet. Langfristig sicher geglaubte Trends müssen kurzfristig überdacht werden und durch neue Veränderungen ersetzt werden. Diese Ungewissheit ist bis heute, und wird voraussichtlich auch für die unvorhersehbare Zukunft, das neue Normal sein, mit der sich Geschäftsführer und Entscheider arrangieren müssen. Dies scheint den Zulieferern immer besser zu gelingen.
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023 war ein erfolgreiches Jahr für den Automarkt China. Insgesamt wurden in 2023 21,9 Millionen Einheiten PKW abgesetzt (nur Inlandsverkäufe ohne Export), eine Zunahme von 4,3 % gegenüber 2022.
Wie in den letzten Jahren verdrängten EV (in China als NEV bezeichnet, äquivalent zu xEV) Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – und ihr Anteil wuchs weiter auf ca. 36 % des Gesamtmarktes, eine Steigerung von 33 % YoY (Abbildung 1).
Abbildung 1: Die Zahl der NEVs steigt seit geraumer Zeit
Quelle: Berylls by AlixPartners, CAAM, CPCA
Beim Blick auf den heimischen Markt wird deutlich, dass die chinesischen Spieler wie in den letzten Jahren weiterhin dominieren. Besonders für batterieelektrische Fahrzeuge (EV), hervorzuheben sind BYD (2,7 Millionen verkaufte Einheiten), GAC Aion (483.000 verkaufte Einheiten), Geely (469.000 verkaufte Einheiten), Chang’An (385.000 verkaufte Einheiten), Li Auto (376.000 verkaufte Einheiten) und NIO (160.000 verkaufte Einheiten). Unter den Top 10 der bestverkauften EV-Marken finden sich nur chinesische Hersteller, mit einer Ausnahme: Tesla mit 604.000 verkauften Einheiten in 2023 (Abbildung 2).
Abbildung 2: Der chinesischer NEV-Markt wird überwiegend von lokalen Anbietern beherrscht
Quelle: Berylls by AlixPartners, CPCA
Gleichzeitig lässt sich der Erfolg chinesischer OEMs auch im Ausland sehen. Das Exportvolumen der chinesischen OEMs hat in den letzten Jahren für beide Antriebsarten massiv zugenommen. Das gesamte Exportvolumen ist seit 2020 um > 400 % gestiegen und hatte im Jahr 2023 ein sehr starkes Wachstum von 65,3 % YoY. Während der Trend in beiden Segmenten zu sehen ist, ist das Exportvolumen für Elektrofahrzeuge noch stärker gewachsen als für konventionelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – so hat sich zum Beispiel der Absatz von Elektrofahrzeugen in China seit 2018 mehr als verzehnfacht (2018: 140.000, 2023: 1,68 Millionen, in verkauften Einheiten). Obwohl sich die chinesischen Hersteller in den etablierten westlichen Märkten wie Westeuropa noch nicht durchgesetzt haben, zeigen sich die chinesischen OEMs aber dazu entschlossen. Es ist daher zu erwarten, dass man in Zukunft mehr Aktivitäten der chinesischen OEMs in solchen Märkten sehen wird (Abbildung 3).
Abbildung 3: Gleichzeitig haben die Aktivitäten in Übersee massiv zugenommen
Quelle: Berylls by AlixPartners, CPCA, Press
Wie kommt es zu dieser Entwicklung? Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Der erste Grund ist die Akzeptanz von EV bei chinesischen Konsumenten. Trotz der Abwesenheit von Käufer-Incentivierung beziehungsweise „Geld im Kofferraum“ vom Staat greift ein Großteil der chinesischen Konsumenten zu EV. Eine Berylls Untersuchung (mit über 1.000 Probanden) zeigt, dass 56 % der Fahrzeugbesitzer beziehungsweise 42 % der first-time buyer bei der Wahl des nächsten Autos zu einem EV greifen würden. Gleichzeitig fällt die Wahl überwiegend auf chinesische Marken (bezogen auf EV), mit jeweils 46 % bei den car owner und 61 % bei den first-time buyer. Im direkten Vergleich würden sich nur 32 % (car owner) beziehungsweise 23 % (first-time buyer) für EV deutscher Marken entscheiden!
Dies hängt mit Grund 2 zusammen: Die Anzahl der chinesischen Marken hat in den letzten Jahren stark zugenommen und gleichzeitig sind chinesische Fabrikate vergleichsweise „besser“ als ihre ausländischen JV-Wettbewerber. „Besser“ heißt hier: Der Kunde bekommt mehr (Funktionen und Technik) für weniger Geld.
Und ein geringerer Preis ist der dritte Grund. In 2024 fand eine beispiellose Rabattschlacht statt. Angetrieben von Preissenkungen von Tesla beim Model 3 und Model Y, senkten chinesische OEMs ihre Preise deutlich. Auch ausländische OEMs/JV zogen nach, wie man am Beispiel des ID.3 von SAIC-VW deutlich sehen kann. Auch ICE sind hiervon betroffen, so startet der FAW-Audi A4L bereits bei weniger als 30.000 EUR.
Abbildung 4: Preiserosionen werden auch 2024 das beherrschende Thema sein
Quelle: Berylls by AlixPartners
Die Schlüsselerkenntnis ist hier, dass sich die Preise massiv nach unten verschoben haben, es aber auch keine Erholung von Preissenkungen geben wird und die Autos auch nicht plötzlich teurer werden, nur weil sie besser ausgestattet sind.
Ganz im Gegenteil, es findet ein „Tech Overload“ statt – Ausstattungen, die in Deutschland nur im Premium-Segment zu finden sind, werden beziehungsweise sind bereits Standardausstattung von Volumina-Fahrzeugen in China. Dies betrifft insbesondere Smart Cockpit (ein Sammelbegriff für Connectivity beziehungsweise Infotainment) und AD/ADAS. Es ist ein Rennen um KPIs, bei dem sich OEMs bei Dingen überbieten wie: E-Reichweite, Ladedauer, Anzahl und Auflösung von Kameras (Stichwort: LiDAR, Millimeter-wave-Kameras), Rechenperformance („TOPS“), Chips (zum Beispiel Nvidia Orin X, Qualcomm Snapdragon 8295), ADAS-Funktionen (Stichwort: NOA, NGP) und mehr. Allerdings hören chinesische OEMs nicht bei „Funktionen“ auf, sondern nehmen nun auch die Fahreigenschaften in den Fokus. Um den Kunden einen Mehrwert für ihr Geld zu bieten, finden auch Dinge wie CDC und Rear Wheel Steering langsame Verbreitung in Standardfahrzeugen.
Abbildung 5: Die Ausgangsbasis hat sich verschoben
Quelle: Berylls by AlixPartners
Typische KPIs sind:
Zusammengefasst: Autos in China bekommen immer mehr Funktionen, während sie immer billiger werden. Mehr Funktionen und günstigerer Preis – zwei Entwicklungen, die in China Hand in Hand gehen.
In 2024 geht die Pricing-Schlacht mit unverminderter Härte weiter. Bis auf ganz wenige Ausnahmen wird kein OEM in 2024 profitabel sein. Es ist davon auszugehen, dass einige einheimische OEMs dieses Jahr „verschwinden“ werden, auch die aktuellen Platzhirsche sind nicht gegen diese Gefahr gefeit. Jedoch ist das kein Grund zum Jubeln für ausländische/JV OEMs. Volumina, die mit einem lokalen OEM verschwinden, tauchen bei einem anderen lokalen OEM wieder auf. Gleichzeitig gewinnen lokale OEMs sukzessiv Marktanteile von ausländischen/JV OEMs, eine Entwicklung, die in nahezu allen Segmenten zu beobachten ist.
Um diese abzuleiten, müssen wir zuerst die Strategien der Hersteller verstehen. Diese werden viel stringenter auf Kosten achten, sehr zu Lasten von Zulieferern, wobei die Härte der ausländischen/JV OEMs sicherlich nicht mit der der lokalen chinesischen OEMs verglichen werden kann. Zusätzlich werden ausländische/JV OEMs mehr und mehr ihre Entwicklungsaktivitäten nach China verlagern. Gleichzeitig entsteht gerade eine große chinesische Zuliefererlandschaft, insbesondere in den Bereichen E-Powertrain, Smart Cockpit und AD/ADAS.
Für deutsche Zulieferer bedeutet das:
1. Profitabilitäts- und Cashflow-Druck, weil alle OEMs ihre eigenen Kosten optimieren werden, das heißt, alle OEMs, egal welcher Herkunft, werden sukzessiv mehr rein chinesische Zulieferer onboarden. Zum Vergleich: Lokale Spieler haben teilweise 80 % bis 90 % rein chinesische Komponenten.
2. Investitionsdruck, da die Verlagerung von OEM-Entwicklungsaktivitäten (westlicher OEMs/JV) nach China einen Nachzug auf Zuliefererseite bedeutet. Es müssen lokale Kapazitäten und Fähigkeiten aufgebaut werden.
3. Marktanteilsdruck, da chinesische Zulieferer diverse Domänen bereits dominieren, unter anderem Smart Cockpit, Batterie und AD/ADAS, und in anderen Bereichen stark expandieren. Wie schon in a) angedeutet, gibt es wenige Domänen, die noch von deutschen Zulieferern beherrscht werden, man denke an Chassis. Auch in diesen Domänen greifen chinesische Zulieferer an, zum Beispiel durch aggressives Pricing, jedoch bei vergleichbarer Qualität und vergleichbaren Funktionen.
Die Kernaktivität deutscher Zulieferer muss Kostenkontrolle sein. Es geht darum, die eigenen Supply-Chain- (inkl. Materialkosten) sowie Overhead Kosten anteilig zu verringern. Anteilig deswegen, da Zulieferer investieren müssen, um den gesteigerten lokalen Kundenanforderungen zu entsprechen. Hierzu gehören Dinge wie: strenge Kosten und insbesondere Cash-Disziplin, Auswahl neuer Sublieferanten und vor allem Kostenbeherrschung im Produktentstehungsprozess.
Gleichzeitig gilt es weiterhin innovativ zu bleiben, das heißt, Produkte zu günstigeren Preisen anzubieten. Ohne Innovationen und die daraus entstehenden differenzierenden Vorteile (wohlgemerkt: bei ähnlichem Pricing Level) greifen OEMs direkt zu chinesischen Lieferanten. Wie bereits dargestellt, müssen sich OEMs im Bereich Technologie übertrumpfen, um am Markt bestehen zu können – somit müssten alle Zulieferer mitziehen.
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Zulieferer agil bleiben müssen, vor allem aufgrund sich verändernden OEM-Anforderungen. Ein exemplarisches Beispiel macht dies deutlich: XPeng P5 war der Startschuss von LiDAR bei seinem Launch 2021. Stand heute haben sämtliche chinesische OEMs bei LiDAR nachgezogen, unter anderem NIO, Li Auto, AITO, Luxeed, AVATR etc. – der LiDAR „Knubbel“ oberhalb der Frontschutzscheibe ist mittlerweile Standard. Eine sehr rigide Technologie Roadmap würde solch raschen Änderungen nicht erlauben, denn diese Agilität auf OEM-Seite muss auf Zulieferer widergespiegelt werden können.
Zuletzt sollten westliche Zulieferer M&A in Betracht ziehen und Teilverkäufe ins Auge fassen. Insbesondere gilt es Bereiche zu eliminieren, die wenig wettbewerbsfähig sind, oder der Wettbewerb so intensiv ist, dass ein Weiterbetrieb nicht weiter sinnvoll erscheint. Darüber hinaus könnten Kooperationen mit chinesischen Unternehmen eingegangen werden, um das Wissen über Themen, wie Connectivity, zu teilen. Die Entscheidung gilt aber individuell je Unternehmen zu bewerten und zu treffen.
Willy Lu Wang (1981) verstärkt seit 2017 das Berylls-Team. Er begann seine berufliche Laufbahn im Traineeprogramm von Audi, mit Fokus auf Produktionsplanung. Nach anschließenden Stationen bei einer großen Strategieberatung und als Leiter Strategie bei einem deutschen Tier-1 Zulieferer, leitet er nun das China Geschäft bei Berylls. Sein Beratungsfokus liegt auf der Unterstützung aller Kunden in China, seien es JVs, WOFE oder rein lokale Spieler. Zusätzlich leitet er die Entwicklung von AI und Big Data Produkten für den chinesischen Markt, um so die Berylls End-to-End Strategie- und Produktentwicklungsfähigkeiten weiter zu stärken.
lickt man aktuell auf die Schlagzeilen rund um die Elektromobilität, sind diese vor allem negativ geprägt: Autovermieter wie Sixt und Hertz reduzieren den Anteil an Elektrofahrzeugen in ihren Flotten, Audi will weniger Elektromodelle auf den Markt bringen, Mercedes stoppt eine komplette E-Plattform.
Wo man auch hinsieht, die Euphorie bei der Elektromobilität klingt ab. Denn es gibt noch zu viele Hürden, als dass sich die Elektromobilität in der Breite durchsetzen kann. Dazu zählen unter anderem unsichere Restwerte, eine teils unzureichende Ladeinfrastruktur und vergleichsweise hohe Preise beziehungsweise Aufschläge im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Diese Ernüchterung ist zwar keine Abkehr vom eingeschlagenen Kurs in Richtung Elektromobilität, jedoch zumindest eine weitere Abschwächung der Geschwindigkeit und damit eine Verschiebung auf der Zeitachse.
Für die Zulieferer, die ohnehin schon mit vielfältigen Herausforderungen (zum Beispiel geringen Volumina, schnellen Innovationszyklen, niedrigen Margen) kämpfen, kommt diese Entwicklung zur Unzeit. Denn war die Stimmung bei den Zulieferern in Bezug auf die Elektromobilität im letzten Jahr noch sehr optimistisch (wenn nicht zu optimistisch), so hat sich diese gemäß diesjährigem Berylls Supplier Executive E-Mobility Survey 2024 merklich abgekühlt.
Dass der eingeschlagene Kurs der Elektromobilität weiterhin Bestand hat, zeigt sich auch in den Befragungsergebnissen. Hängen heute noch 70 % der Zulieferer mindestens zu einem Viertel ihres Umsatzes vom Verbrenner ab, erwarten dies in fünf Jahren nur noch 55 %. Dabei sieht mit 69 % die große Mehrheit der Befragten die Elektromobilität als Chance für ihr Unternehmen – verglichen mit dem Vorjahreswert von 77 % zeigt sich aber eine deutlich trübere Stimmung. Dies ist nicht weiter verwunderlich angesichts verschärfter Marktbedingungen, die sich auch in der Erwartung zum Einfluss auf den Umsatz in den nächsten fünf Jahren zeigt. Gingen im letzten Jahr noch 75 % von einer Verbesserung aus, sind es in diesem Jahr nur noch 55 %. Dasselbe gilt auch für die Marge: Hier haben im letzten Jahr noch 43 % mit einem positiven Einfluss in fünf Jahren durch die Elektromobilität gerechnet, wohingegen 2024 nur noch 25 % höhere Margen erwarten.
Ausgewählte Ergebnisse E-Mobility Supplier Survey 2023 & 2024
Quelle: Berylls by AlixPartners
Zulieferer sind dabei oftmals in einer schwierigen Situation. Wollen sie Marktanteile halten oder erobern, so fühlen sie sich gezwungen, das zügige Tempo der technologischen Entwicklung mitzugehen oder gar anzutreiben. Dabei zahlt sich die Innovation jedoch häufig nicht über hohe Margen aus. Schließlich sorgen zahlreiche Wettbewerber für einen enorm umkämpften Markt mit niedrigem Preis- respektive Margenniveau. Die Zulieferer sind dabei in einem gefährlichen Teufelskreis gefangen. Nur wenn sie mehr verkaufen, gibt es eine Chance auf Rentabilität durch Skaleneffekte. Gleichzeitig bedeutet ein Mehrverkauf der häufig defizitären Komponenten für die Elektromobilität eine Verschlechterung der Gesamtmarge beziehungsweise das Erfordernis von Subvention durch das übrige Geschäft.
Auch wenn die überwältigende Mehrheit der befragten Zulieferer (86 %) zufrieden ist mit ihrer Elektromobilitätsstrategie, so lässt sich auch hier ein eher zu optimistischer Blick vermuten angesichts der beschriebenen weiteren Verschärfungen der Situation. In jedem Fall gilt es für die Zulieferer, das Elektromobilitätsgeschäft kritisch zu beleuchten und in vielen Fällen auch gezielt das ökonomische Rational auf den Prüfstand zu stellen. Hierbei sollte es auch keine Tabus geben respektive sollten Divestments auch eine Option sein, die bewertet werden kann oder in vielen Fällen gar muss. Große Tier-1-Zulieferer haben es zuletzt vorgemacht und sich aus Komponenten wie Batteriepacks, Elektromotoren, Leistungselektronik oder Batterie-Management-Systemen zurückgezogen. Dabei konnte trotz vermeintlich attraktiver Marktgröße und -wachstum auf absehbare Zeit kein positives Ergebnis erwartet werden, womit Renditeansprüche nicht zu erfüllen und Kapitalallokationen nicht zu rechtfertigen waren.
Stehen die Zeichen auf Verbleib, so muss die Innovationsstrategie vor dem Hintergrund kürzer Innovationszyklen mit oftmals fehlender Rentabilität grundlegend hinterfragt werden. Ferner gilt es, Anläufe effizient und fehlerfrei zu organisieren, fehlende Abrufe unmittelbar bei den OEMs zu „claimen“ und eine gut durchdachte Wettbewerbspositionierung zu definieren. Auch eine hohe Flexibilität und teilweise Technologieoffenheit sollten elementare Themen in der Strategie sein. Schließlich schwenken zahlreiche OEMs aktuell auf das Modell der Technologieoffenheit um, analog zu BMW. Damit einhergehend werden beispielsweise Motorenprogramme verlängert, was wiederum denjenigen Zulieferern zugutekommt, die in diesen Bereichen noch aktiv sind. Hier merken OEMs bereits, dass ihre ehemalige Lieferantenbasis in den verbrennerabhängigen Komponenten geschrumpft ist und Zugeständnisse bei Preisen gemacht werden müssen.
Fest steht: Das Elektromobilitätsgeschäft ist und bleibt anspruchsvoll und braucht vielfach noch Subvention von anderen Geschäftsbereichen, ehe es langfristig zu einem attraktiven Geschäft werden wird. Zulieferer müssen sich aktuell mehr denn je die Frage stellen, wie sie sich zu und in diesem hart umkämpften Markt positionieren wollen.
Dr. Jürgen Simon (1986) ist als Associate Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Vertriebs- und Unternehmensstrategien sowie M&A und kann auf eine langjährige Beratungserfahrung zurückschauen. Er berät seit 2011 Automobilhersteller und -zulieferer und verfügt über fundiertes Expertenwissen in den Bereichen ganzheitliche Strategieentwicklung, Geschäftsmodelle und Commercial Due Diligence. Weitere Schwerpunkte liegen in Markteintrittsstrategien sowie Themen rund um das „Software Defined Vehicle“. Als diplomierter Ökonom der Universität Hohenheim hat er vor seinem Einstieg bei Berylls am Institut für Unternehmensführung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) promoviert.