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HINESISCHE ZULIEFERER GEWINNEN AN BEDEUTUNG, ZU UNGUSTEN DER DEUTSCHEN UND JAPANER
München, 08. Juni 2022 Im Rahmen der großen Top 100-Zuliefererstudie hat Berylls Strategy Advisors die 100 weltweit größten Automobilzulieferer bereits im elften Jahr in Folge analysiert. Nicht anders als 2020, das durch den Sondereffekt Corona seinen Stempel aufgedrückt bekam, wurde auch 2021 durch die anhaltende Pandemie, durch die Chipkrise und durch die verschärfte Situation auf den Rohstoffmärkten massiv beeinflusst. Dennoch können viele Zulieferer im Geschäftsjahr 2021 wieder deutliche Umsatz- und Profitsteigerungen ausweisen. Sie nähern sich Schritt für Schritt dem Vorpandemie-Niveau an. Groß angelegte Restrukturierungsmaßnahmen tragen ihren Teil dazu bei. So liegen die Umsätze der 100 weltweit größten Automobilzulieferer im Jahr 2021 mit 899 Milliarden Euro (+13,4 Prozent gegenüber 2020) deutlich über dem Niveau des von Covid-19 geprägten Vorjahres, allerdings nur knapp zwei Prozent unter dem bis dato stärksten Jahr 2019. Auch die durchschnittliche Profitabilität kann mit 6,3 Prozent wieder deutlich gesteigert werden und liegt damit auf dem Niveau der Jahre 2018/2019. An dieser positiven Entwicklung nimmt auch die Gruppe der deutschen Zulieferer teil, allerdings weniger stark als die chinesischen Konkurrenten.
Bosch verteidigt im siebten Jahr in Folge den ersten Platz in der weltweiten Aufstellung der 100 größten Automobilzulieferer, insgesamt bewegt sich unter den Top 5 nichts. Wie im Vorjahr liegen zwei weitere deutsche Unternehmen auf den Plätzen 3 (Continental) und 4 (ZF Friedrichshafen). Magna behauptet sich auf Platz 5. Auch für die Reifenhersteller Michelin und Bridgestone lief das Jahr 2021 gut, sie behalten ihre Platzierungen und damit die Plätze 8 und 9.
2020 sorgte Weichai Power für eine echte Sensation. Denn Weichai Power war der erste chinesischer Zulieferer überhaupt, der in die Phalanx der Top 10 vordringen konnte. Das Unternehmen, entstanden aus einem Hersteller für Dieselmotoren und heute im Segment der Software für Lkw und Pkw tätig, kann sich im Topsegement aber nicht halten, rutscht in 2021 auf den immer noch sehr respektablen Platz 12 ab.
Dennoch ist mit CATL weiterhin ein chinesisches Unternehmen in den Top 10 vertreten. Der Akkuhersteller springt, mit einem Umsatzwachstum von 184 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, erstmals in die Spitzengruppe und schreibt damit innerhalb der Top 50 eine einmalige Erfolgsgeschichte. Berylls Partner und Zuliefererexperte Alexander Timmer: „Das ein Batterieproduzent in die Top 10 aufrücken würde, ist wenig überraschend. Denn die Nachfrage nach Akkus war selbst im schwierigen Jahr 2021 so groß, dass CATL in der logischen Folge zu den ganz großen Gewinnern zählt. Ohnehin ist der chinesische Konzern ein guter Bekannter innerhalb der Top 100. Im Ranking für das Jahr 2018 lag CATL noch auf Platz 71, hat allerdings seither eine beeindruckende Entwicklung gezeigt.“
Aber Chinas Zulieferer sind nicht nur im Bereich der neuen Antriebstechnologien stark, wie das Abschneiden von Citic Dicastal belegt. Das Unternehmen, dessen Kernprodukte Leichtmetallfelgen für Pkw und Lkw sind, schoss im Top 100-Ranking um beeindruckende 26 Positionen nach oben und findet sich in der diesjährigen Übersicht auf einem starken 62. Platz. Insgesamt haben es neun chinesische Zulieferer in die Top 100 geschafft. Das Cluster der chinesischen Zulieferer kann sehr stark von der lokalen und nationalen Industriepolitik profitieren, die einerseits den chinesischen Binnenmarkt stärken soll und andererseits eine Expansion in internationale Leitmärkte befeuert.
So wächst der Beitrag der chinesischen Zulieferer an der internationalen Umsatzentwicklung stetig. Im Jahr 2018 lag er noch bei fünf Prozent, 2021 können die Chinesen bereits einen neunprozentigen Anteil für sich verbuchen. Der Zuwachs geht zu Lasten der deutschen und japanischen Zulieferer. Deutschland war am Gesamtumsatz 2018 mit stolzen 23 Prozent beteiligt, Japan steuerte 27 Prozent bei. Beide Nationen verzeichnen seither schmerzhafte Rückgänge. Die deutschen Zulieferer tragen nur noch 21 Prozent zum globalen Gesamtumsatz der Branche bei, die Japaner 24 Prozent. Schreiben die Chinesen ihre Erfolgsgeschichte konsequent fort, werden sie im Jahr 2028 die Vorreiterrolle im weltweiten Zulieferer-Ranking einnehmen und die deutsche Konkurrenz aus der Spitzengruppe verdrängen.
Im Covid-Lockdown-Jahr 2020 mussten Zulieferer und OEMs harte Umsatz- und Profitabilitätseinbrüche hinnehmen. So konnten nicht mehr als acht der in der Top 100 Übersicht gelisteten Unternehmen 2020 gegenüber 2019 überhaupt ein Umsatzwachstum aufweisen. Im vergangenen Jahr hat sich das Bild praktisch komplett gedreht. Lediglich zehn der 100 weltweit größten Zulieferer waren nicht in der Lage ihren Umsatz zu steigern. Zu diesen Low-Performern gehören: Yazaki, Panasonic, Mitsubishi Electric, GKN, Thyssen Krupp Automotive, NSK Group, NHK Spring, NGK Spark Plug und TS-Tech. Sieben von ihnen gehören zum japanischen Zulieferer-Cluster.
Dass 2021 ein erfolgreiches Jahr für die Branche war, zeigt sich auch darin, dass 58 Zulieferer 2021 bereits wieder höhere Umsätze als vor dem Ausbruch der Pandemie erwirtschaften. Im Vergleich zu 2020 hat sich die durchschnittliche Profitabilität von 2,6 auf 6,3 Prozent mehr als verdoppelt.
Allerdings ist der Erfolg nicht gleichermaßen auf die Branche verteilt. Er betrifft vor allem Firmen im Bereich der Halbleiterindustrie. Denn so paradox es klingen mag, an der positiven Gesamtmarkt-Entwicklung hat die Halbleiter-Knappheit einen großen Anteil. Was bei den OEMs zu einer Drosselung der Produktion und vollgeparkte Logistikflächen mit unfertigen Fahrzeugen führte, ermöglichte bei den Chip-Lieferanten 2021 Absatz-, Umsatz- und Profitrekorde. So konnten die Halbleiter-Hersteller ihre Automotive-Umsätze überproportional um durchschnittlich 34 Prozent steigern. Sie erzielten Margen von 19 Prozent, während der Top 100-Durchschnitt bei eher mageren 6,3 Prozent lag und damit sogar unter dem der OEMs, die mit ihrer Ausrichtung auf das Premiumsegment einen Zehnjahreshöchstwert von 7,4 Prozent erzielen konnten.
Mit dem Ende der weltweiten Lockdowns erholte sich die Wirtschaft rasch und entwickelte einen nie dagewesenen Hunger auf Rohstoffe. Die Preise für verschiedene Metalle und Kunststoffe erreichten deshalb 2021 Rekordhöhen und vermiesten der Industrie das Geschäft. Betroffen waren nicht nur die für die Batterie- und Elektrofahrzeug-Produktion wichtigen Metalle wie Nickel, Kobalt und Lithium. Auch die Preise gängiger Industriemetalle und Kunststoffe stiegen von 2020 auf 2021 signifikant: Kupfer +23,5 Prozent, Stahl +66,7 Prozent, Aluminium +37,8 Prozent, Magnesium +130,5 Prozent, Messing +34,3 Prozent und Polypropylen +94,4 Prozent. Die hohen Rohstoffpreise trafen die Zulieferer deswegen so hart, weil sie sie überwiegend nicht an ihre Kunden weitergeben konnten. Eine kurzfristige Änderung der Situation ist nicht zu erwarten, im Gegenteil, es ist mit einem weiteren Steigen der Preise zu rechnen, auch bedingt, durch den Krieg in der Ukraine. Das Embargo gegen Russland schneidet die Industrie von ihrem wichtigsten Lieferanten für Palladium und Nickel ab, gleichzeitig fällt die Ukraine zumindest teilweise als Lieferant für das Edelgas Neon aus, es ist ein wichtiger Bestandteil der Halbleiterproduktion.
Die E-Mobilität beschäftig die Branche mittlerweile vollumfänglich. Die Aktivitäten von Bosch in diesem Bereich beispielsweise, sollen bis zum Jahr 2025 um 500 Prozent wachsen. Aktuell gibt der weltgrößte Zulieferer an, im vergangenen Jahr in diesem Sektor eine Milliarde Euro Umsatz erwirtschaftet zu haben. ZF kann sich im Jahr 2021 ein Auftragsvolumen in Höhe von 14 Milliarden Euro sichern und baut damit seine Position bei elektrischen Komponenten weiter aus. Viele bedeutende Lieferanten für Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs und des autonomen Fahrens kommen aus Deutschland. Neben den genannten Firmen Bosch und ZF, können auch Continental, Dräxlmaier und Leoni ihre Positionen im internationalen Vergleich verbessern und durchschnittliche Umsatzsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich gegenüber dem Vorjahr realisieren. Dass die E-Mobilität, aber auch das autonome Fahren und die ADAS-Systeme Wachstumsmotoren sind, zeigt sich im Vergleich zum Branchendurchschnitt: Hersteller aus diesen Segmenten fahren im Durchschnitt eine zwölfprozentige Umsatzsteigerung ein. Aber der Weg zum Erfolg bleibt steinig, denn gleichzeitig fordert die Transformation hohe Entwicklungsausgaben mit mehrjährigen Amortisationsdauern. Das drückt die Profitabilität in den Anfangsjahren mit geringen Produktionsvolumina; sie liegt 2021 bei unterdurchschnittlichen sechs Prozent.